Neptun - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Neptun, Galilei & Leverrier
Bald nachdem Wilhelm Herschel 1781 den Uranus entdeckt hatte, stieß der Deutsche Johann Elert Bode auf frühere Beobachtungen, bei denen der Planet als vermeintlicher Fixstern geloggt wurde.

So besaß man schließlich Positionsmessungen des Gestirns, die bis ins Jahr 1690 zurückreichten. Allerdings schienen die Datensätze vor und nach 1821 nicht exakt zusammen zu passen. Irgendetwas sollte die Bahn des Uranus gestört haben.
Oben: So bewegten sich Uranus und Neptun 1821 scheinbar aneinander vorbei. Dabei beeinflusste der noch unbekannte Neptun die Bahn des näheren Uranus.

Unten: Situation am 29.9.1821, wieder von der Sonne aus betrachtet. Die viel näher weilende Venus war an der Bahnmanipulation unbeteiligt.
Der französische Himmelsmechaniker Urbain Leverrier und der Engländer John Couch Adams versuchten den Orbit des Störenfrieds zu berechnen. Leverrier bat den deutschen Astronomen Johann Gottfried Galle in Berlin, am seinem vorhergesagten Ort zu suchen. Das tat Galle auch - und wurde in der Nacht vom 23. zum 24. September 1846 fündig. Mein Buch Helden des Himmels erzählt die spannende Geschichte.
Leverriers Berechnung kam dem tatsächlichen Ort des Planeten damals auf 1 Grad nahe; die beste von Adams mehreren Prognosen verfehlte ihn um 2,6 Grad. Das runde Gesichtsfeld entspricht hier dem Vollmonddurchmesser.
Mit der Entdeckung des Neptun wuchs der Radius des damals bekannten Sonnensystems neuerlich dramatisch, und zwar um das 1,6-fache.
Neptun, fotografiert mit 2000 mm Brennweite. So etwa muss ihn auch Galle gesehen haben.
Wieder fand man Vorbeobachtungen. Die älteste stammte von Galileo Galilei. Er hatte Neptun im Dezember 1612 und im Januar 1613 neben Jupiter und seinen Monden gesehen und den Anblick in sein Tagebuch eingetragen. Er hielt das lichtschwache Objekt aber für einen Fixstern - und so glitt ihm diese Entdeckung durch die Finger.
So etwa muss Galileo Galilei den Jupiter, dessen Monde und den Neptun am 28. Dezember 1612 in Florenz gesehen haben. Der innerste Mond Io weilt gerade vor der Jupiterscheibe und ist daher nicht zu erspähen. Neptun steht hier ganz links unten. Das tatsächliche Gesichtsfeld von Galileis Teleskop war um ein Drittel kleiner: Er konnte die hier dargestellten Objekte also nicht gleichzeitig sehen!

Galilei ahnte somit nicht, dass sich Jupiter mitsamt seinem Mondquartett dem Neptun am Himmel immer mehr näherte. Am 3. Jänner 1613, noch vor dem Aufgang am florentiner Osthorizont, hatte er sich sogar vor Neptun geschoben. Solch gegenseitigen Planetenbedeckungen treten extrem selten ein!
Am 4. Jänner um 5:40 (MEZ) tauchte Neptun am gegenüberliegenden, westlichen Jupiterrand wieder auf. Dort stand mittlerweile auch der Jupitermond Io.


Rechts: Jupiter hat den hier blauen Neptun wieder freigegeben, Io leistet diesem Gesellschaft. Grafik erstellt mit Guide 9.0
Das Trio weilte in halber Himmelshöhe über Florenz. Wegen des enormen Helligkeitsunterschieds zwischen den beiden Planeten und der unvollkommenen Linsen in Galileis Teleskop wäre das Schauspiel für den Italiener aber wohl nicht zu sehen gewesen.
Benannt wurde Neptun schließlich nach dem alten römischen Gewässergott. Mit ihrem Erkennungszeichen, dem Dreizack, ziert diese Gottheit unzählige Brunnen, zum Beispiel in Wien-Schönbrunn, in Linz oder - siehe Foto - im Nürnberger Stadtpark.
Die Eigenschaften des Neptun
Neptun stellt mit Uranus einen der beiden Eisriesen unseres Sonnensystems. Als fernster unter den acht Planeten bekommt er nur noch ein Promille des uns vertrauten Sonnenlichts ab.

Ähnlich Uranus, überragt auch er die Erde etwa um das Vierfache im Durchmesser. Die große Entfernung lässt ihn aber zu einem sehr lichtschwachen Objekt mit 7,8 mag verkommen. Man braucht zumindest ein Fernglas, um ihn aufzustöbern. Im Teleskop macht man ein winziges Scheibchen von bloß 2,4 Bogensekunden Durchmesser aus. Um ihn so groß zu sehen wie den Vollmond mit freiem Auge, müsste man Neptun 750 x vergrößern - ein Versuch, der zum Scheitern verurteilt ist.

Etwas größere Fernrohre sollten Neptuns Farbe zeigen. Voyager 2 porträtierte den Planeten im August 1989. Die Fotos dieser Sonde wurden allerdings im Kontrast verstärkt, was offenbar auch zu einer Farbverschiebung ins satte Blau führte - siehe Foto unten.
Vielmehr ist Neptun türkis, also blau-grün. Aber mit einem leichten Überschuss von Blau. Ursache ist Methan, das hier noch etwas stärker beigemischt ist als bei Uranus. Ansonsten ist die chemische Zusammensetzung der beiden Planeten ähnlich: Wasserstoff dominiert klar vor Helium. (Foto: NASA)
Neptun selbst sehen
Neptun weilt zur Opposition am 19. September 2023 im Sternbild Fische, südlich der berühmten Fischellipse. Die Grafik zeigt sie und den 7,8 mag hellen Planeten (links unten). Neptun weilt knapp westlich ("rechts") des Sterns 20 Psc (5,5 mag). Der rote Kreis ähnelt einem Fernglasgesichtsfeld mit 5 Grad Durchmesser.
Der genannte Stern hilft beim Finden. Neptun passiert ihn am 11./12. September in nur 3,7 Bogenminuten Abstand. Neptun steht dann knapp nördlich ("oberhalb"). Beide Objekte passen in dieser Nacht selbst bei sehr hoher Vergrößerung gleichzeitig ins Gesichtsfeld eines Teleskops. Zuvor weit Neptun östlich ("links" im Fernglas) dieses Sterns, danach westlich ("rechts"). In den folgenden Wochen entfernt sich der Planet zunehmend weiter von dieser Aufsuchhilfe.

Aufsuchsterne sind am lichtbesudelten Himmel Wiens nur noch schlecht zu finden. Ein computergesteuertes Teleskop mit Goto-Funktion (im Bild links mit ein wenig "Zubehör") empfiehlt sich daher bei der Suche nach lichtschwachen Himmelsobjekten.
Auch der Blick durch die Teleskope der beiden Wiener Volkssternwarten (Urania und Kuffner-Sternwarte) oder der mobilen Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie (WAA) bietet sich an: Vielleicht richtet man da ein Instrument auf Wunsch auf den fernen Planeten.
Galle beobachtete den Neptun mit einem 9-zölligen Refraktor Joseph Fraunhofers. Mit einem 20 cm durchmessenden Spiegelteleskop, wie es unter Amateuren recht beliebt ist, kommt man also der Leistung des Entdeckungsinstruments sehr nahe. Aufgrund seiner Distanz von über 4,3 Milliarden km (das entspricht dem 29fachen Erdbahnradius) bleibt Neptun selbst in einem solchen Gerät und bei hoher Vergrößerung ein winziges Scheibchen.

Entsprechend gibt es darauf auch keine Details für uns zu sehen. Die Häufigkeit weißer Wolken auf Neptun schwankt nach einer Studie vom August 2023 im Rhythmus der Sonnenaktivität. Mit Amateurmitteln sind sie leider nicht zu erblicken. Sichtungen allfälliger Features gelangen extrem selten, mit Profi-Teleskopen von 18 bis 26 Zoll Öffnung. Einen wesentlich besseren Blick genoss Voyager 2 beim Vorbeiflug im Jahr 1989: Die NASA-Sonde fotografierte einen großen dunklen Fleck auf Neptuns Antlitz.

Der Neptun nach heftiger Bildbearbeitung. Das lichtschwache Objekt führt die hochauflösende, aber nicht sehr lichtempfindliche Planetenkamera NexImage 5 an ihre Grenzen.
Der Mond Triton
Neptun besitzt einen sehr bemerkenswerten Mond, den Triton. Entdeckt wurde dieser nur 17 Tage nach dem Fund Neptuns - und zwar am 10. Oktober 1846 vom Briten William Lassell. Der Bierbrauer setzte dazu ein Spiegelteleskop mit (relativ schlecht reflektierendem) Metallspiegel und 61 cm Durchmesser ein. Wilhelm Herschel hatte ihn zur Mondsuche inspiriert.

Beim Triton mag es sich um eine eingefangenen Welt aus dem Kuiper-Gürtel handeln. Seine Umlaufszeit um Neptun dauert 5,9 Tage. Auf der Site der US-Zeitschrift Sky & Telescope findet sich ein Triton Tracker als Aufsuchhilfe. Doch leider erreicht Tritons Helligkeit nur 13,4 mag. Amateure mit Teleskopen von 10 Zoll (ca. 25 cm) Öffnung haben ihn schon gesehen.

Voraussetzungen für eine Sichtung sind wirklich dunkler Himmel, hohe Vergrößerung (um den Himmelshintergrund weiter abzudunkeln) und indirektes Sehen: Dabei schaut man knapp am Objekt vorbei; denn die Peripherie der Netzhaut ist lichtempfindlicher als die auflösungsstärkste Stelle derselben, die wir unwillkürlich auf zu studierende Dinge richten.
Astrofotografen können Triton viel leichter einfangen, weil die Kamera schwache Lichteindrücke über den Belichtungszeitraum hinweg addiert. Mit 8 Zoll Öffnung und einer DSLR ist das definitiv kein Problem, wie das Foto links belegt.
Beobachtungsaufgaben
Neptun ist mit großer Wahrscheinlichkeit das entfernteste Objekt im Sonnensystem, das Sie je sehen werden!

Die anschließenden Kuiper-Belt-Objekte sind ihrer bescheidenen Abmessungen wegen sehr lichtschwach. Am prominentesten ist da noch Pluto, dem man 2006 zurecht den planetaren Status abgesprochen hat. Nur unter dem dunkelsten Alpenhimmel hat man bei Pluto vielleicht eine Chance - mit Teleskopen von mehr als 25 cm Durchmesser.
  • Gelingt es Ihnen, Neptun aufzustöbern?
  • Können Sie ihn im größeren Teleskop klar als Scheibchen erkennen?
  • Nehmen Sie im größeren Teleskop eine Farbtönung wahr? Welche?
  • Erspähen Sie den Triton im großen Teleskop?
Fototipps gefällig?
Will man den Neptun wirklich als blaugrünes Scheibchen darstellen, muss man mit möglichst kurzer Belichtungszeit durchs Teleskop fotografieren. Das geht mit der DSLR oder mit der CCD-Kamera - wenngleich letztere wegen Neptuns Lichtschwäche stark gefordert wird.

Um den noch viel schwächeren Neptunmond Triton wenigstens als Pünktchen einzufangen, wird man die am Teleskop montieren. Dabei sind Verfahren der Deep Sky Fotografie anzuwenden.

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