Kp-Wert und Sonnenstürme (Seite überspringen)
Der weitgereiste Astronom Edmund Halley bekam das Nordlicht erst mit 60 zu Gesicht, als es im März 1716 über weiten Teilen Europas erschien. Diese Erscheinung faszinierte auch den damals erst 15 Jahre alten Schweden Anders Celsius, der später noch mehr als 300 Nordlichter beobachten sollte.
Georg Graham war in London aufgefallen, dass die Missweisung der Kompassnadel kurzzeitigen Veränderungen unterlag. Gemeinsam mit Olof Hiorter hielt Celsius diese Missweisung in Uppsala fest: Stunde um Stunde - und das ein Jahr lang. Anders als in unseren Wanderkompassen war diese Nadel nicht flüssigkeitsgedämpft. Zitterte sie, tauchten auch Polarlichter auf.
Alexander von Humboldt sprach später von einem "magnetischen Sturm". Heute sagt man mitunter auch "Sonnensturm".

Analoge Aufnahme von 1989: Das Nordlicht von Hyaden und Plejaden im Stier
Die wichtigste Kennziffer
Tatsächlich tragen die heranrasenden Elektronen elektrische Ströme in die irdische Ionosphäre. In mehr als 100 km Höhe fließt sogar ein äußerst starker Strom. Solche Ströme beeinflussen das Erdmagnetfeld, stören es. Es liegt daher nahe, die Störungen des Erdmagnetfelds als Indikator für die aktuelle Intensität und das Sichtbarkeitsgebiet der Aurora zu nützen.Man misst Variationen des Erdmagnetfeld an verschiedenen Orten, z.B. am steirischen Sender Doblhof oder am Conrad-Observatorium in Muggendorf. Hier finden Sie näheres zu den dafür eingesetzten Magnetometern, die man auch selbst bauen kann.Dann drückt man das Ausmaß der Störung im sogenannten K-Index aus (K steht für "Kennziffer"). Die logarithmische Skala reicht von 0 (ungestört) bis 9 (stark gestört). Die Werte werden im Dreistunden-Intervall ausgedrückt.Daher bildet man einen Durchschnittswert mehrerer Observatorien. So wird aus dem örtlichen K ein planetarer Kp-Index (p wie planetar).In den immer etwas unsicheren Prognosen verwendet man normalerweise nur Ganzzahlen (z.B. 3 oder 4). Rückblickend werden auch Ganzzahlen mit nachgestellten Kürzeln (z.B. 3+ für 3,33 bzw. 4- für 3,67) oder gleich Dezimalzahlen (wie z.B. 3,55) veröffentlicht.

Die Grafik oben zeigt den von der US-amerikanischen NOAA veröffentlichten Kp-Index am 23.11.2023. Die niedrigen Werte sind typisch, höhere eher die Ausnahme. Hier geht es zur aktuellen NOAA-Grafik
Der Index wurde von Julius Bartels am Geophysikalischen Institut Potsdam entwickelt. Heute heißt es "Helmholtz-Zentrum Potsdam". Seine Seite zeigt links oben den aktuellen Kp-Wert ("Nowcast"). Rechts oben wird eine Prognose für die nächsten Tage geboten ("Forecast"). Es existiert dort zudem ein weit zurück reichendes Kp-Index-Archiv in Dreistunden-Intervallen.Je höher der Kp-Wert, desto weiter dehnt sich erwähnter Ring über dem arktischen Magnetpol gen Süden aus. Man kann also sagen, welche Gebiete das Polarlicht bei einem bestimmten Kp-Wert wahrscheinlich überstreicht.

Je höher der Kp-Index, desto südlicher baut sich das Nordlicht im Zenit auf. Grafik: NOAA. Diese und weitere Grafiken finden Sie hier
Für Polarlichtbeobachter in gemäßigteren Breiten ist diese planetare Kennziffer nun von ganz besonderem Interesse.Denn jede Erhöhung des Kp-Index um eine Stufe bringt uns die Aurora im Schnitt um etwa 2 Grad (ca. 222 km) näher! Das gilt freilich nur ungefähr, da wir es hier in Wirklichkeit mit geomagnetischen und nicht mit geografischen Breitengraden zu tun haben.Für ein Polarlicht am Himmelsscheitel über der Nordküste Schottlands braucht es wahrscheinlich Kp = 5. Für Irland, Dänemark und Südschweden schon Kp = 7. Bei Kp = 8 steht das Nordlicht in Norddeutschland, bei K = 9 in Mitteldeutschland im Zenit.Am Nordkap sollte man die Aurora nachts sogar schon bei Kp = 0 sehen. Doch auch dort nehmen Intensität und Dynamik mit höherem Kp-Index zu. Laut NOAA wäre das Nordlicht bei Kp = 0 bis Kp = 2 eher lichtschwach und ruhig. Ab Stufe 3 würde es zunehmend heller und aktiver.Das entspricht auch meiner eigenen Erfahrung. Bei Kp-Werten um 5 oder 6 wurde der Himmel in Nordnorwegen (70 Grad nördliche Breite) zu einer gigantischen Leinwand, mit leuchtenden, teils pulsierenden Flächen und wechselnden Strahlen in mindestens drei verschiedenen Farben: Das Polarlicht füllte dann mein fast ganzes Gesichtsfeld aus und war am ehesten noch mit einem Fischaugen-Objektiv (8 mm) einzufangen (siehe Foto).

Die Sonnensturm-Skala
Ab Kp = 5 spricht man von einem (geo)magnetischen Sturm bzw. "Sonnensturm". Die US-amerikanische National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) teilt solche Stürme in eine fünfteilige Skala ein.G1 = Kp 5 = "minor"G2 = Kp 6 = "moderate"G3 = Kp 7 = "strong"G4 = Kp 8 = "severe"G5 = Kp 9 = "extreme"Für uns in Österreich wird es ab Kp = 7 bzw. G3 (strong) interessant - sofern wir uns mit Sichtungen tief am Nordhorizont begnügen. Um die Aurora am Himmelsscheitel zu sehen, bräuchte es eigentlich mehr als Kp = 9 bzw. G5 (extreme storm).
Der Ap-Index
>>> Wie läuft ein beobachtbares Nordlicht-Ereignis in hohen Breiten ab?Dieser Wert drückt den täglichen (definiert in UT) Durchschnitt der erdmagnetischen Unruhe in nT (Nanotesla) aus. Die Ap-Skala ist linear. Eine Erhöhung um den Wert 1 ist beim logarithmischen Kp-Index dramatisch, beim Ap-Index visuell hingegen kaum zu bemerken. Für Österreich wäre ein Ap ab etwa 130 relevant.Die Umrechnung:Kp Ap G0 0 G01 4 G02 7 G03 15 G04 27 G05 48 G16 80 G27 132 G38 207 G49 400 G5SpaceWeatherLive (Belgien) bietet einen vollständigeren Vergleich der Werte. Das Helmholtz-Zentrum für Geoforschung (GFZ) in Potsdam erfasst sie ab 1.1.1932 in einer täglich aktualisierten Tabelle.