Die Hundstage
Mit den Hundstagen meinen wir im allgemeinen Sprachgebrauch besonders heiße Sommertage. Aber nicht, weil die Vierbeiner dann ganz besonders unter der Hitze leiden: Vielmehr gehen die sogenannten Hundstage auf das Sternbild Großer Hund bzw. auf seinen Hauptstern Sirius zurück.

Die im Hund aufgeht
Schon die Babylonier und die Ägypter fügten die Sterne nahe des Sirius, des hellsten aller Fixsterne, zu einem hundeähnlichen Wesen zusammen. Die Ägypter sahen darin Anubis. Der schakalköpfige Gott war einst von der Isis großgezogen worden.Priester beobachteten Sternaufgänge genau. Jener des Sirius war besonders wichtig. Nachdem er mehrere Wochen lang unsichtbar in Sonnennähe gestanden hatte, tauchte er Ende Juni zum erstenmal wieder in der Morgendämmerung auf, knapp über dem Osthorizont. Augenblicke später verschwand er in der Morgenröte. Dieser Termin heißt heliaktischer Aufgang des Sirius.

Das Niltal vom Flugzeug aus
Im 3. Jahrtausend v. Chr. kam es zum heliaktischen Aufgang, kurz bevor der Nil anschwoll und seinen fruchtbaren Schlamm übers Land goss: Dieser war die Grundlage der ägytischen Landwirtschaft und damit des gesamten Nilstaats. Deshalb setzte man den Sirius mit der Fruchtbarkeitsgöttin Sopdet gleich, und später mit der Isis. Laut einem Hieroglyphentext geht Isis "im Bild des Hundes auf".

Die drei Pyramiden von Gizeh, aus Reiseflughöhe besehen
Die Sirius-Krankheit
Die Griechen übernahmen viele Vorstellungen und Motive der babylonischen und auch der ägyptischen Himmelskunde. Allerdings verwoben sie deren Bilder mit eigenen Mythen. Im Großen Hund sahen sie den Begleiter des Himmelsjägers Orion oder den dreiköpfigen Höllenhund Kerberos, der den Eingang zur Unterwelt bewachte.

Der Held Herakles zerrt den Kerberos aus der Unterwelt - Wien, Michaelertor
Eine langsame Bewegung der Erdachse, die sogenannte "Präzession", führt dazu, dass sich der Anblick des Fixsternhimmels in geschichtlichen Zeiträumen verändert. Als die griechische und römische Kultur ihre Blütezeit erlebten, hatte sich der Aufgang des Sirius bereits in die heißen Sommermonate verschoben.
Das erste Erscheinen des Hundssterns, das nun Ende Juli stattfand, wurde daher mit der Sommerhitze in Verbindung gebracht. Aus dem alten ägyptischen Fruchtbarkeitsgestirn wurde so ein Unheilsbringer.

Der mazedonische Hofdichters Aratus erzählte um 275 v.Chr. von der vermeintlichen Bedeutung der einzelnen Sternbilder. Er sprach vom "hitzigen" Himmelshund, der eine verdörrende Glut aushauche und die Blätter saftlos herabhängen ließe.
Man flehte die Götter um gnädige Nordwinde an. Sie sollten "des Hundes Glut" kühlen. Unter Sirius' Einfluß würden Hunde wild und gefährlich. Aber auch Menschen litten: Ein im Sommer auftretendes Fieber wurde "siriasis" genannt. Es gab die "Sirius-Krankheit".

Rhodos, Kap Prasonisi
Opferung rotfelliger Hunde
Bei den Römern fiel Astrologisches auf besonders fruchtbaren Boden - wie die Benennung der Wochentage zeigt.Für Vergil war der Große Hund eine "brennende Konstellation", die mit unglücklichem Licht Dürre und Seuchen verbreite. Selbst eine rotfarbige Pilzerkrankung des Weizens sollte von ihm herrühren.

Die heißen Sommertage hießen dies caniculares, Hundstage. Der Sirius wurde dafür ursächlich verantwortlich gemacht. Römische Priester opferten rotfellige Hunde, verbrannten deren Eingeweide. Das sollte den Hundsstern wohl besänftigen.

Sirius, der hellste Fixstern
Weiß, bläulich oder rot?
Cicero, Horaz, Seneca oder Ptolemäus - sie alle beschrieben den Sirius als gelbliches oder gar rötliches Gestirn. Und das, obwohl er ganz klar weiß, ja leicht bläulich glänzt. Ein Farbwechsel innerhalb so kurzer Zeit wäre astrophysikalisch nicht zu erklären.

Das Attribut Rot dürfte vielmehr von der mythischen Verbindung dieses Sterns mit Feuer und Glut herrühren. Oder damit, dass man man ihn traditionell bei seinem morgendlichen Aufgang und damit knapp über dem Horizont beobachtet hatte. Der lange Weg durch die Lufthülle rötete sein Licht entsprechend.Andere Fixsterne sind normalerweise zu schwach, um am mathematischen Horizont noch freiäugig erblickt zu werden. Der Glanz des Sirius sollte hingegen gerade noch dafür ausreichen, meinte jedenfalls der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli im 19. Jahrhundert.Seine Rechnung stimmt mit modernen Modellen überein - allerdings nur, wenn man den Standort des Beobachters hinauf ins Hochgebirge verlegt.
Erinnerung
In Erinnerung an die alten Römer sprechen wir noch immer von den Hundstagen. Meteorologen meinen damit die Zeit zwischen dem 23. Juli und dem 23. August.Der heliaktische Aufgang des Sirius ereignet sich, der Präzession wegen, mittlerweile allerdings erst Ende August. Der Hundsstern kann heute also gar nicht mehr für die Hundstage verantwortlich zeichnen ...
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