Berge & Täler - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Galileo Galililei und der Mond - Oberfläche & Terminator
Im Herbst 1609 richtete Galilei ein von ihm angefertigtes Teleskop mit 30-facher Vergrößerung zum Mond. Dabei bot sich ihm ein überraschender Anblick.
Galilei visierte die Linie an, welche die gerade noch in der Mondnacht schlummernden Gebiete von jenen trennt, die nun seit gut zwei Wochen im Sonnenlicht gebadet hatten.

Links: Mondzeichnung aus Galileis Sidereus Nuntius. Alle Fotos © Pinter
Diese Trennlinie, Terminator genannt, schiebt sich am Mondäquator täglich um 370 km weiter, also mit gemächlichen 15 km/h. Das ist rund hundertmal langsamer, als jenes Tempo, mit dem die Dämmerungszone über unseren Planeten  jagt. Mit einem Fahrrad könnte man der Sonne also selbst am Mondäquator davon fahren - vertraute Radreifen wären allerdings ungeeignet.
Wäre es nach dem antiken Gelehrten Aristoteles gegangen, hätte der Terminator eine glatte Kurve bilden müssen - so wie eine mit dem Kurvenlineal gezogene Ellipse.

Denn die Himmelskörper waren seiner Meinung nach ideale, glatte Kugeln, da sie aus einem ganz anderen Element bestanden als die Erde (dem legendären 5. Element).

Doch Galilei sah keine "gleichmäßige ovale", sondern eine "ungleichmäßige, unebene und ziemlich ausgebuchtete Linie".
Leuchtende Teile reckten sich Auswüchsen gleich über den Terminator in die Finsternis vor, dafür schlummerten dunkle Formationen noch im lichten Rund: Die erschienen Galilei wie "kleine schwärzliche, völlig von dem dunklen Teil getrennte Flecken".

Was Galilei einst "kleine Flecken" nannte, bezeichnen wir heute als Mondkrater.
Dank des niedrigen Sonnenstands am Terminator werfen schon kleine Erhebungen lange, bizarre Schatten: Hier im Bild ist es der Wall des Kraters Plato. Auch deshalb glaubte Galilei, die lunaren Berge wären viel höher als die irdischen.
Links des Terminators entzündeten sich allerorts hervorsprießende Spitzen, gewannen an Größe sowie Glanz, vereinten sich miteinander und endlich mit der leuchtenden, nunmehr ausgedehnteren Mondfläche. Zurecht verglich Galilei diesen Anblick mit dem von irdischen Bergen, bei denen zunächst nur die Gipfel, dann die höheren Abschnitte und schließlich die gesamten Osthänge von der aufgehenden Sonne beleuchtet würden. Zum ersten Mal beschrieb ein Mensch das Alpenglühen auf einer anderen Welt!
Die tiefsten Täler trotzten dem Sonnenlicht am längsten, verharrten als dunkle Flecken zwischen den schon wachgeküssten Landschaften.

Galilei verglich daraufhin den Mond mit der Erde, die ja ihrerseits von Unebenheiten geprägt ist. Wenn nun aber der Mond der Erde glich, dann durfte man auch die Erde als Himmelskörper betrachten.  
Sie unterschied sich demnach nicht grundsätzlich von den anderen Welten. Ein Befund, der schlecht zu Aristoteles, aber sehr gut zu Kopernikus passte. Der hatte die Erde ja nur noch als einen von damals sechs bekannten Planeten gesehen.
Hevelius versetzte die Gebirge "Apennin" (u.) und "Alpen" (o.) auf den Mond
Wie wir heute wissen, bestehen zwei Drittel der uns zugewandten Mondseite aus uralten, kraterzernarbten Landschaften. Einschlagskrater liegen so dicht an dicht, dass ein zuweilen chaotischer Eindruck entsteht. Das sind die sogenannten Hochländer des Mondes, die Galilei als von Bergen und Tälern geprägt erkannte.
Er bemerkte jedoch auch, dass solche Ausbuchtungen des Terminators fehlten, wo dieser gerade durch die großen Flecken des Mondes - später nannte man sie Mondmeere - lief (siehe Foto, obere Hälfte).
Offenbar war deren Boden nicht gebirgig, sondern äußerst glatt. Auch mit diesem Befund sollte der Italiener Recht behalten. Später stellten sich die Mondmeere als weite Einschlagsbecken heraus, die mit Lava geflutet wurden und so eine vergleichsweise profilarme Decke erhielten.
Die Lavadecke ist jünger als die Hochländer und hat deshalb nur noch wenige Treffer abbekommen. Übrigens versuchte Galilei auch, die Höhe der mächtigsten Mondberge abzuschätzen. Er vermaß dazu den Abstand, den die aller ersten aufleuchtenden Bergspitzen vom Terminator besaßen. Letztlich schienen ihm die lunaren Unterschiede in Höhe und Tiefe auf dem Mond "die Unebenheiten der Erdoberfläche bei weitem zu übertreffen".
Für einen Beobachter am Mondterminator stünde die Sonne nur knapp über dem Horizont. Er und auch die Hügel und Berge rings um ihn herum würden daher lange Schatten werfen.
Mangels Atmosphäre gibt es auf dem Mond keine Dämmerung, welche die Schnelligkeit des Tagesanbruchs mindern könnte. Nur die langsame Mondrotation sorgt für ein wenig Beschaulichkeit.

Rechts: Mondkraterzeichnung aus dem späten 19. Jahrhundert
Guckt der oberste Sonnenrand gerade hinter dem Mondhorizont hervor, braucht es noch eine Stunde, bis sich das ganze Rund der Sonne zeigt. Während dieser Stunde stünde man im Halbschatten. Im Anschluss wäre man der Sonnenstrahlung allerdings gut zwei Wochen lang ausgesetzt. Ebenso lange dauert die folgende, eisige Mondnacht. Sie wird bestenfalls durch den Erdschein gemildert.

Schon mit dem kleinen Amateurfernrohr können Sie bei zunehmendem Mond den Sonnenaufgang (bei abnehmendem den Sonnenuntergang) am Terminator mitverfolgen. Ist der Mond im Teleskop zu hell, bieten sich Neutral- oder Farbfilter zur Lichtdämpfung an. Näheres über den Einsatz von Filtern lesen Sie hier.
Der längliche Krater Schiller (links unten) entstand wohl bei mehreren Impakten in Folge
Galileis große und kleine Flecken - Meere und Mondkrater

Als Galilei 1609 das lunare Antlitz zum erstenmal im Teleskop musterte, sah er "große und kleine Flecken". Die großen Flecke erkennen wir bereits mit freiem Auge - es sind die dunkleren Mondmeere. Mit den kleinen Flecken meinte er Mondkrater. Für beide Landschaftstypen gibt es hier Spezialseiten.
Beobachtungsaufgaben am Terminator

  • Sehen Sie, wie zunächst einzelne Bergspitzen aufleuchten, die sich dann immer mehr vereinen?
  • Erkennen Sie, wie die Sonne nach und nach in die Täler vordringt?
  • Erspähen Sie die bizarren, langen Schatten, die manche Landschaftsdetails zu werfen vermögen?

Im folgenden sehen Sie noch ein Fotomosaik, erstellt zum ersten Mondviertel entlang des Mondterminators: Der Mond von Nord nach Süd.
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