Die Farben der Fixsterne
Orions rechter Fußstern heißt Rigel. Bei genauerem Hinschauen erkennt man eine ganz blasse bläuliche Tönung. Hingegen glänzt die kaum schwächere Beteigeuze an der linken Schulter dieses Sternbilds in leicht orangefarbigem Ton. Gerade haben wir mit unseren Augen eine Temperaturdifferenz von 9.000 Grad gemessen!
Sternfarben, langbelichtet im Teleskop: Links Sirius, rechts Beteigeuze.
Fixsterne sind Sonnen wie die unsere, aber höchst unterschiedlich temperiert. Nach fallender Hitze teilt man sie den Spektralklassen O, B, A, F, G, K und M zu. Die Reihenfolge der Buchstaben ist historisch bedingt. Sie lässt sich mit dem Satz “Oh Be A Fine Girl/Guy Kiss Me” leicht merken. Unsere Sonne zählt zur Klasse G.
Spektralklassen und ihre ungefähren, blassen Tönungen
Ihre Energie beziehen Sterne durch die Verschmelzung von leichteren Elementen - die mit Abstand wichtigste Rolle spielt dabei der Wasserstoff - zu schwereren. Die Massendifferenz wird zu Energie, und zwar zu sehr viel Energie: Ganz nach Einsteins berühmter Formel E = m*c².Diese Energie arbeitet sich langsam zur Sternenoberfläche vor. Dort wird sie zu Licht. Astronomen nennen diese Oberfläche daher “Photosphäre”, also "Lichtschicht" (nach griech. photos: Licht).
Die Photosphäre der Sonne, fotografiert durch einen sicheren Schutzfilter
Grundsätzlich wird von Sternen aber nicht nur Licht, sondern elektromagnetische Strahlung aller Wellenlängen ausgestrahlt: Radiostrahlung, Infrarot, sichtbares Licht, Ultraviolett, Röntgen- und endlich Gammastrahlung.Das sichtbare Licht ist nur ein kurzer Abschnitt des elektromagnetischen Spektrums. Dieser schmale Ausschnitt wiederum reicht vom tiefen Rot über Orange, Gelb, Grün, Blau bis ins Violett: All diese Farben werden gleichzeitig emittiert. Daher sind Sterne grundsätzlich weiß.
Die Heißsporne
Die Photosphäre der Sonne ist 5.500 Grad C heiß. Sterne mit größerer Masse erzeugen mehr Energie in ihrem Zentrum. Ihre Oberflächen sind wesentlich heißer.Das Maximum ihrer Lichtabgabe zieht deshalb in Richtung Blau oder gar Ultraviolett. Ein Beispiel ist dafür ist der eingangs erwähnte Orionstern Rigel. Andere junge Sterne der Spektralklasse O sind z.B. Iota Orionis oder Zeta Orionis.
Iota Orionis (nahe Bildmitte) gehört zur O-Klasse. Temperatur: 32.000°
In der O-Klasse erreichen die Photosphärentemperaturen bis zu 50.000 Grad C. Wir erkennen das an einem Hauch von Blau, der sich ins Sternenweiß mischt. Der Weißanteil beträgt dennoch immer mehr als 90 Prozent. Wir sehen also bestenfalls Pastelltöne. Entsprechend bedauerte Josef Johann Littrow, 1819 bis 1840 Direktor der Wiener Sternwarte, das "Fehlen" wirklich blauer Sterne.
Die kühleren Sterne
Anders ist das bei jenen Sternen, die kühler sind als unsere Sonne. Je nach dem Temperaturunterschied erblicken ein "warmes" Weiß oder gar einen Hauch von Gelb. Mit diesen Tönungen tut sich unser Auge leichter als mit dem zarten Blau.Aldebaran im Stier oder Pollux in den Zwillingen gehören der Spektralklasse K an. M-Sterne sind noch kühler und zeigen eine leicht orangefarbige Tönung: Die eingangs erwähnte Beteigeuze gehört mit ihren 3.000 Grad hier her. Selbst bei M-Sternen überwiegt aber das Weiß mit einem mindestens 80-prozentigen Anteil. Auch wenn Astronomen von "Roten Riesen" sprechen: Keines dieser Objekte ist so rot wie das Licht der Straßenampel.
Barnards Stern, ein Roter Zwerg, gehört zur M-Klasse
Manche Sterne kleiden sich jedoch in "Farbfilter". Am Ende ihres Lebens blähen sie sich stark auf. In der dünnen, abgekühlten Sternatmosphäre kondensiert Gas zu Staub: Titanoxid schluckt den Blauanteil des Photosphärenlichts und lässt den Roten Riesen doch in einem etwas kräftigerem Orangeton erscheinen.
Noch besser filtern Kohlenstoffverbindungen, wie sie etwa in den Atmosphären von R Leporis (Sternbild Hase) oder My Cephei (Kepheus) existieren. Diese sogenannten Kohlenstoff-Sterne sind am stärksten gerötet. Allerdings wieder nur in Pastelltönen.
UY-Scuti, ein Roter Überriese (Spektralklasse: M)
Fazit für Sternbeobachter
Zeigen sich Sterne im Teleskop in einem "kalten" Weiß oder mischt sich gar eine Prise Blau in ihren Glanz, sind ihre Oberflächen heißer als die unserer Sonne: Wir haben es dann mit einem A-, B- oder sogar mit einem seltenen O-Stern zu tun.Präsentieren Sterne im Teleskop ein "warmes" Weiß oder gelbliche bis orangefarbige Töne, so sind deren Photosphären kühler als die der Sonne: Wir sehen einen K- oder M-Stern.
Novae - rosige Erscheinungen am Himmel
Die Vorgängersterne von Novae sind heiße Weiße Zwerge. Diese besitzen ein kontinuierliches Spektrum. In der rasch expandierenden Gashülle einer Nova-Explosion strahlt aber vor allem angeregter Wasserstoff hell auf.
Die Nova Vulpeculae strahlte 2024 im Sternbild Füchschen auf (Bildmitte)
Vor allem die H-Alpha-Linie im Roten und auch noch die H-Beta-Linie im Blaugrünen machen sich bemerkbar (zum Thema "Wasserstoff" siehe demnächst auch: Die Farben von Deep Sky Objekten). Diese Emissionen verleihen der Nova für kurze Zeit ein bemerkenswert rötliches oder rosafarbiges Antlitz, zumindest im lichtsammelnden Teleskop. Leider sind Novae-Erscheinungen recht selten.
Wasserstoff-Emissionen im Spektrum der Nova Delphini 2013. Weil die Kamera nicht astromodifiziert war, ist die H-Alpha-Linie gedämpft
Trügerische Doppelsterne
Die Mehrzahl aller Sterne ist Teil eines Doppel- bzw. Mehrfachsystems: Hier kreisen zwei oder noch mehr Sonnen um den gemeinsamen Schwerpunkt ihres Systems. Nicht immer löst das Teleskop solche Doppelsterne auf. Falls doch, bieten sich oft reizvolle Anblicke. Beispiele dafür sind etwa Alamak in der Andromeda, Ras Algethi im Herkules oder Albireo im Schwan.
Der K-Stern Keid wird von einem Weißen und der von einem Roten Zwerg umkreist
Besitzen beide Partner unterschiedliche Oberflächentemperaturen, entstehen subtile Farbdifferenzen. Unser Auge übertreibt diese und täuscht uns bei zwei ähnlich hellen Sternen dann intensivere Tönungen - und somit "lebhaftere Farben" - vor.Sind die Helligkeiten beider Partner unterschiedlich, nimmt der schwächere Stern scheinbar die Komplementärfarbe des kräftigeren an: Rote Sterne lassen blasse Begleiter mitunter sogar ein wenig grün erscheinen.
Doppler-Büste in Salzburg
Wie trügerisch Doppelsternfarben sein können, zeigt das Beispiel Christian Dopplers. Der in Prag wirkende Salzburger wollte den vom ihm entdeckten Doppler-Effekt 1842 ausgerechnet am Beispiel der Doppelsterne belegen. Doppler hatte recht - nur seine damalige Beweisführung musste scheitern.Der Effekt verschiebt zwar die Spektrallinien, je nachdem, ob Sterne gerade auf uns zu oder von uns weg eilen. Er ändert jedoch nichts an den Sternfarben.
Hintergrund: Die Sonne ist ein Schwarzer Strahler
Gustav Robert Kirchhoff (rechts seine Büste in Heidelberg) entwickelte mit Robert Wilhelm Bunsen die Spektralanalyse. 1862 stellte Kirchhoff überdies das Konzept des "Schwarzen Strahlers" vor:Ein solcher schluckt jedwede äußere Strahlung und sendet dann Strahlung aller Wellenlängen aus. Das Maximum der Emission ist jedoch von seiner Temperatur abhängig. Unter Vernachlässigung ihrer Atmosphären lassen sich Sterne genähert als Schwarze Strahler betrachten.
Verdoppelt man die Temperatur eines solchen Körpers, verdoppelt sich auch die Frequenz, bei der die größte Strahlungsleistung abgegeben wird. Kühler Staub lässt sich im All anhand seiner Radiostrahlung nachweisen. Bei Zimmertemperatur wandert das Strahlungsmaximum ins Infrarot.
Der Leuchtfaden einer traditionellen Glühbirne erhitzt sich auf 2.500 Grad. Er sendet sichtbares Licht aus, doch die allermeiste Energie wird immer noch im Infrarot emittiert. Das macht Glühbirnen zu recht ineffizienten Leuchtmitteln. Rote Riesen sind Sterne mit deutlich niedrigerer Oberflächentemperatur als unsere Sonne. Auch sie strahlen vor allem - aber eben nicht nur - im IR.Die 5.500 Grad C heiße Sonnenoberfläche emittiert hingegen das Gros ihrer Strahlung im sichtbaren Bereich des Spektrums: Das Maximum liegt bei ihr nahe 500 nm, wo auch unsere Augen die größte Sensibilität aufweisen. Bei deutlich heißeren Sternen wandert dieses Maximum ins Ultraviolett.
Sterne (hier das Spektrum der Wega) senden Licht aller Farben aus und erscheinen daher primär weiß
Gemäß Kirchhoffs Schwarzem Strahler erscheinen uns alle Sterne weiß, weil sie sämtlich auch Licht im sichtbaren Teil des elektromagnetischen Spektrums aussenden. Nur das Maximum ihrer Strahlungsabgabe zieht, je nach Oberflächentemperatur, vom IR übers sichtbare Licht ins UV.
Deshalb also verraten sich deutlich kühlere Sterne mit einem pastellartigen Gelb oder Orange im Sternenweiß, wesentlich heißere hingegen mit einem zarten Hauch von Blau. Dank der Schwarzen Strahler wird unser Auge zum Fernthermometer!
Tipps zum nächtlichen Farbsehen bei Sternen
Im Alltag haben wir es in der Regel mit kräftigen Farben zu tun, ohne allzu hohen Weißanteil. Anders ist das bei Sternen, wo nur Pastelltöne vorkommen. Selbst das legendäre Daisy-Porzellan aus den 50er Jahren sieht dagegen noch "knallig" aus.
Buntere Sternenwelt dank Lichttrichter: Die Stäbchen unserer Netzhaut sind zwar lichtempfindlicher, bieten aber bloß Grautöne. Damit auch die farbempfindlichen Sehzapfen angeregt werden, braucht es mehr Licht. Deshalb sind freisichtige Farbwahrnehmungen nur bei den aller hellsten Fixsternen möglich.Um stärkere Lichteindrücke zu erzielen, benötigt man Ferngläser oder Fernrohre.Deren Lichtsammelleistung wächst bei punktförmigen Objekten quadratisch mit dem Öffnungsdurchmesser: Ein Teleskop mit 200 mm Öffnung wie im Foto rechts trichtert 1600 mal mehr Photonen ein als die 5 mm große Pupille allein.
Nicht zu scharf, bitte! Unser Auge tut sich bei punktförmigen Objekten schwerer, Farbnuancen auszumachen. Bei hellen flächigen Objekten gelingt das eher. Daher stellen wir Fernglas oder Fernrohr ausnahmsweise etwas unscharf.
So werden aus den stellaren Lichtpunkten kleine Scheibchen, deren Tönungen sich besser untersuchen lassen. Bei Spiegelteleskopen mit zentraler Fangspiegelhalterung entstehen beim Defokussieren keine Scheibchen, sondern Lichtringe. Damit klappt es ebenfalls.
Der Stern Regulus und der Planet Mars - absichtlich im Spiegelteleskop unscharf gestellt
Frauen statistisch im Vorteil: Studien zufolge sehen Frauen mehr Farbnuancen als Männer oder können diese besser benennen. Wie oft bei derartigen Vergleichen, gilt die Aussage nur fürs statistische Mittel jeder Gruppe - und nicht unbedingt für jedes einzelne Mitglied.Funkeln gilt nicht: Die atmosphärische Szintillation, verursacht durch chaotische Bewegungen von Luftblasen unterschiedlicher Temperatur, Dichte und Brechkraft, lässt Sterne funkeln.
Dabei kommt es auch zu kurzfristigen, scheinbaren Farbvariationen. Das Sternfunkeln passiert aber bloß in der Erdatmosphäre. Es hat nichts mit den wahren Farben zu tun.Um es abzumildern, beobachtet man Sterne in Nächten mit ruhiger Luft und hoch droben am Himmel.Sehr kurz belichtete Fotos heller Sterne (rechts beim Sirius) halten diese Variationen fest.
Was tief sinkt, errötet: Ziehen Gestirne zum Horizont hinab, erhalten sie einen zunehmend stärkeren rötlichen Farbstich. Auch das ist bloß ein Effekt der Erdatmosphäre. Hier hilft es ebenfalls, Sterne möglichst hoch am Firmament zu betrachten.Ein Mann sieht Gelb: Die menschliche Augenlinse verfärbt sich mit zunehmendem Lebensalter und gaukelt Männern wie Frauen etwas gelblichere Sterne vor. Das ändert sich, wenn im Zuge einer Operation (Grauer Star) die natürliche Linse gegen eine künstliche getauscht wird. Verstreichen etliche Jahre zwischen den beiden OPs, mögen sich die Spezifikationen der eingesetzten Kunstlinsen geändert haben: Jedes Auge zeigt dann eine etwas andere Tönung.
Fotografisch ein Klacks
Bei längerer Belichtungszeit sammeln Kamerasensoren genug Licht ein, um ein Meer von Sternen zu präsentieren - und zwar mit Farbnuancen. Die anschließende Bildbearbeitung verstärkt die subtilen Tönungen: Unwillkürlich durch das Steigern des Bildkontrasts oder ganz gezielt durchs Erhöhen der Farbsättigung.
Der Sternhaufen NGC 6709 mit leicht erhöhter Farbsättigung
Zuvor aber müssen systematische Farbstiche entfernt werden, z.B. mit der Kalibrierungsfunktion von Siril.Für diesen Weißabgleich wird das Foto zunächst astrometriert. Danach weiß die Software, welche Sterne das Bild bevölkern. Nun nennt man den Namen der Cam bzw. des Sensors und des verwendeten Filters. Die Software vergleicht darauf hin die Farben der Bildsterne mit einer Datenbank - und korrigiert den Farbstich entsprechend.
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